Wer da glaubt das “Seniorenfechten” sei eine Art Teeparty mit nettem Geplauder über die “alten Fechterzeiten”, der sei mal ganz schnell eines Besseren belehrt. Dass es dabei nämlich alles andere als gemütlich zugeht zeigt der Bericht von Hansjörg Neher ( Jg. 1934, Vize-Europameister der Senioren im Säbel 1995), der mit achtbaren Erfolgen im Säbel- und Degenfechten von den Europäischen Seniorenmeisterschaften 1999 nach Hause kam:

“Championat d’ Europe d’ Escrime Vétérans Individuels klingt natürlich besser als Europameisterschaften im Seniorenfechten, aber diese wohlklingende französische Sprache sollte mir vier Tage lang auch Kopfzerbrechen bereiten. Während so mancher seine feuchtfröhliche Herrenpartie unternahm, machte ich mich am 13. Mai 1999 auf den Weg ins 850 km entfernte Moulins in der Mitte Frankreichs. Mit mir waren weitere 600 Fechterinnen und Fechter angereist, die sich alle im “Palais des Sports” trafen. Ich hatte den folgenden Tag noch frei, da war Herrenflorett an der Reihe. Nur um 14.00 Uhr musste ich zur Materialprüfung. Säbel, Maske, Elektroweste, Handschuh und Kabel, alles kam in einen grauen Müllsack, und den sollte ich am nächsten Tag wiederbekommen. Danach hatte ich Zeit, einen Rundgang durch Moulins zu machen. Am darauffolgenden Tag, dem 15. Mai, wurde es dann für mich ernst. Laut Zeitplan 9.00 Uhr Aufruf, 9.30 Uhr Beginn der Säbelwettkämpfe. Um 8.00 Uhr war ich in der Halle, holte meine Ausrüstung aus dem Müllsack ab. Alles war O.K.. Um 9.00 Uhr begann das Einchecken. Ich reihte mich in eine Schlange von 50 Fechtern ein, um meinen Fechtpass abzugeben und das Startgeld von 70 FF zu berappen. Dann begann das Warten! Laufend wurden Namen vom Hallensprecher aufgerufen, aber verstehen Sie deutsche Namen in französischer Sprache in einer hallenden Halle? – Unmöglich! Dann, endlich, wurden am Aushang um 11.00 Uhr die Runden angeschlagen. Auf Fechtbahn 20, das war draußen im “Bierzelt”, musste ich an den Start. Also Waffensack und Beutel mit Verpflegung sowie Getränke geschnappt, dann Bahn 20 gesucht. Nach zwei Vorrunden, welche für mich unproblematisch verliefen, war ich unter den letzten 16, und nun begann die Direktausscheidung. Ich bekam John Croxon aus Großbritannien als Gegner, gewann 10:4 und war im Finale der letzten Acht. Mein nächster Kontrahent war der spätere Europameister Jürgen Keim aus Deutschland, ich verlor und war ausgeschieden. In der Gesamtwertung belegte ich Rang 6.

Nächster Tag, Degenfechten. Da diese Waffe nicht meine Spezialdisziplin ist, hatte ich das Problem, dass nur einer meiner Degen mit der von der F.I.E, vorgeschriebenen Klinge ausgerüstet war. Ich versuchte es trotzdem. Wieder der graue Müllsack, drei Degen und – “Non, Monsieur”, zwei Degen zurück. Also beim Ausrüster in der Halle einen neuen Degen kaufen (Kostenpunkt 250,- DM). Dann wieder dasselbe Spiel wie am Vortag – Anmeldung, 70 FF zahlen und warten. Um 11.00 Uhr ging’s los. Diesmal waren 49 Fechter aus ganz Europa in meiner Altersgruppe am Start. Wieder zwei Vorrunden, und ich war unter den letzten 32 zur Direktausscheidung. Erster Gegner ein Italiener – 10:2 für mich, und er konnte duschen gehen. Nächster um den Einzug ins Finale war der russische Nationalfechter Victor Gaittic. Ich machte drei Angriffe- und es stand 3:0 für den Russen. So ging’s also nicht! Abwarten und den Russen angreifen lassen, und er kam. Mit Ablauf der regulären Kampfzeit stand es 3:3. Der nächste Treffer musste also entscheiden, und – ich setzte ihn. Der Russe war ausgeschieden und ich wiederum im Finale der letzten Acht. Aber mein nächster Gegner war kein geringerer als der Titelverteidiger und amtierende Vizeweltmeister und Europameister von 1995, Franz Rompza aus Darmstadt. Keine Chance – oder? Vielleicht…? – Und es hat geklappt! Ich gewann 10:9 und war unter den letzten Vier. Die Uhr zeigte mittlerweile 22.00 Uhr, und jetzt begannen bei mir auch Kondition und Konzentration nachzulassen. Ich verlor mein Gefecht gegen Ladislas Grosz aus Frankreich und blieb Vierter. Und das Treppchen war so nah….”

Lieber Hansjörg, wir hätten’s Dir so sehr gegönnt, ganz oben zu stehen, Du hast eine Superleistung gezeigt, von der sich mancher Jüngere eine dicke Scheibe abschneiden könnte. Unsere herzlichste Gratulation zu Deinen prima Plazierungen und vielen Dank für Deine Reportage!

Ebenso nicht ganz untätig waren am selben Wochenende Thekla Onken, Michaela Zeman, Roland Därr, Daniel Rech, Simon Schneider und Stefan Vitzethum, die in Würzburg beim 1. Internationalen Juniorenturnier für den FC Fürth an den Start gingen. 32 Teilnehmer waren insgesamt im Herrenflorett gemeldet, von denen die meisten zumindest für die A-Jugendlichen Daniel und Stefan, die ja eine Altersstufe höher antreten mussten, zu stark waren. Allein Roland gelang es, sich auf den guten 12. Rang vorzukämpfen, für Stefan, Simon und Daniel war der Wettkampf mit den Plätzen 29, 28 und 26 nach der Vorrunde beendet. Bei den Damen sah es ähnlich aus, auch hier waren die meisten Fechterinnen unseren Mädels, die ja erst ihr drittes Turnier absolvierten, und das auch noch in der nächsthöheren Alterskategorie, an Erfahrung voraus, so dass Michaela und Thekla leider ebenso in der Vorrunde ausscheiden mussten und am Ende die Plätze 21 und 24 einnahmen.

Hansjörg Neher dagegen stellte bei den offenen Thüringischen Seniorenmeisterschaften in Eisenach am 5./6. Juni erneut seine gute Form unter Beweis, indem er im Säbel- wie im Degenfechten jeweils den zweiten Platz erreichte.

54 Florettfechter aus aller Herren Länder kreuzten beim traditionsreichen internationalen Aktiventurnier “Ums Würzburger Stadtwappen” am 13. Juni die Klingen, darunter auch die Fürther Roland Därr und Neuzugang Udo Jacoby. Roland, der mühelos ins K.O. kam, wurde durch den Ausfall gleich zweier Floretts, die er auf dem Turnier erst gekauft hatte, und dem Ärger durch den Umtausch der Waffen zwischen zwei Gefechten mental derart aus der Bahn geworfen, dass er seinen nächsten Kampf unglücklich verlor und sich schließlich mit dem 28. Rang zufriedengeben musste. Udo dagegen focht sich von Sieg zu Sieg und konnte erst spät von einem Holländer in seiner Erfolgsserie gestoppt werden, was ihm letztendlich nicht nur den hervorragenden siebten Platz, sondern auch einige nette Pünktchen in der Bayerischen Aktiven-Rangliste einbrachte.

Angelika Ballin