Fürther Nachrichten Zeitungsartikel

In Atzenhof entsteht ein neuer Stützpunkt für Fechter

Mekka für Musketiere

Der Ungar András Szabó übernimmt das Kommando
VON GUNHILD RÜBEKEIL

Der Fechtclub im TV 1860 Fürth, 1913 gegründet, feierte in seiner Anfangs­zeit beachtliche Erfolge. Nach einigen Jahren der Flaute befindet sich der Verein wieder im Aufwind und will mit ehrgeizigen Plänen an seine großen Zeiten anknüpfen.

Herr der Klinge: András Szabó,
ungarischer Diplomfechtmeister.

FÜRTH – András Szabó ist unzufrieden. „Überleg Dir mal, was Du eigentlich willst”, empfiehlt er dem Mädchen, „und dann entscheide Dich richtig dafür.” Anlass für seine Gardinenpredigt: Die Fechtschülerin hat keine Trainingshose dabei und will auf die Aufwärmarbeit verzichten. Die Kinder, so der Diplom-Fechtmeister und Trainer beim Fechtclub Fürth, „denken nur an den Spaß, zum Sport gehören aber auch Ehrgeiz und Disziplin. Ihnen das beizubringen, ist eine meiner Aufgaben.”
Das Engagement des 52-jährigen Ungarn, der lange Zeit die griechische Nationalmannschaft trainiert hat, trägt Früchte: Die A-Jugendlichen Hendrik Ballin, 16 Jahre alt, Alexander Großmann (14) und der gleichaltrige Adrian Derr wurden heuer bayerische Junioren-Meister im Herrenflorett, mit im Bunde Ersatzmann Istvan Takats aus Feldkirchen. Auch zwei Fürther Nachwuchsfechterinnen konnten bei den bayerischen Meisterschaften einen Titel holen. Gemeinsam mit zwei Mädchen aus Schwabach und Nürnberg wurden die 14-jährige Catarina Bauer und die ein Jahr jüngere Valerie Ballin Junioren-Vizemeisterinnen auf Bayernebene.
Die Zusammenarbeit mit anderen Fechtvereinen im Großraum beschränkt sich aber nicht nur darauf, Startgemeinschaften für Turniere zu bilden. Hans-Jörg Schriegel, selbst früher als Fechter aktiv und heute Abteilungsleiter des Fürther Fechtclubs, hatte sich vor knapp drei Jahren um die Verpflichtung des renommierten ungarischen Trainers bemüht. Um dessen Arbeit finanzieren zu können, taten sich Vereine aus Erlangen, Schwabach und Nürnberg zusammen und teilen sich Trainer und Kosten. Schriegels Zukunftspläne gehen aber noch weiter.
Turnhalle wird umgebaut
Um den Fechtsport in Nordbayern weiter zu fördern, hat er gemeinsam mit der Stadt Fürth den „Landesleistungsstützpunkt Fürth-Atzenhof” auf den Weg gebracht. Im Fürther Norden baut die Stadt derzeit für das Sonderpädagogische Förderzentrum Nord eine ehemals amerikanische Turnhalle nach deutschem Standard um. Im Haushalt wurden zusätzlich zu den Umbaukosten noch 30 000 Euro bereit gestellt, um die Halle auch fechttauglich zu machen.
Verglichen zur jetzigen Trainingsstätte, der Hans-Böckler-Turnhalle, hat das neue Domizil vor allem den Vorteil, dass die Fechter die Halle in Atzenhof jeden Tag nutzen und eine noch engere Gemeinschaft mit den kooperierenden Vereinen bilden können – im Augenblick ist das Training lediglich an drei Abenden pro Woche möglich.
Die Basisarbeit soll auch zukünftig in den einzelnen Vereinen stattfinden, doch den Talenten aus Nordbayern bieten die Fürther in Atzenhof mit dem neuen Stützpunkt eine Chance, sich konzentriert auf hohem Niveau weiterzuentwickeln. „Nur die Nürnberger”, sagt Schriegel, „sind mit dem Standort nicht so zufrieden – jetzt müssen sie halt nach Fürth. Im Fechten war die Rivalität zwischen den Städten früher noch größer als zwischen Kleeblatt und Club. Umso mehr freut es mich, dass jetzt alle an einem Strang ziehen.”   Erfahrung mit den höheren Weihen des Fechtsports bringt András Szabó zur Genüge mit. Er hat das Fechten quasi mit der Muttermilch eingesogen. Sein Vater, Laszló Szabó, ist in Fechterkreisen weltberühmt und schuf sogar eine neue Fechtmethode. Sohn András trat mit vier Jahren in die Fußstapfen des Vaters, war ungarischer Juniorenmeister im Säbelfechten und absolvierte an der Universität für Körperkultur in Budapest die Ausbildung zum Diplom-Fechtmeister.   Ab 1981 trainierte Szabó die ungarische Junioren-Säbelnationalmannschaft, bevor er 1984 in Griechenland das Nationalteam übernahm. 1997 zog es die Familie – Szabó hat zwei erwachsene Söhne – zurück nach Ungarn. Der Heimkehrer übernahm die Betreuung der Damen-Säbelnationalmannschaft. „Ich war aber zu lange im Ausland gewesen. Die ungarischen Trainerkollegen haben mich als Eindringling und Konkurrenz empfunden. Zu viele Eskimos, zu wenig Fische”, umschreibt Szabó das Verhältnis von Trainern zu offenen Stellen in Ungarn. Im Jahr 2000 trat der 52-Jährige schließlich zurück.   Dass er ein Jahr später in Fürth landete – der Kontakt kam über den ungarischen Landestrainer für Bayern, Tamas von Mandy, zu Stande -, ist für den Vollblutfechter aber kein Rückzug in bescheidenere Gefilde. Talente, sagt der ehrgeizige Fechtmeister, gibt es überall. Man muss sie nur richtig fördern. Und dazu gehört eben auch etwas Strenge.